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AG FILMFESTIVAL kritisiert Berlinale-Kürzungen der BKM als falsches Signal!

Filmfestivals wie die INDEPENDENT DAYS werden trotz ihrer großen Bedeutung für die Kinokultur nur schwach bis nicht gefördert. (Foto: Jürgen Rösner).
Filmfestivals wie die INDEPENDENT DAYS werden trotz ihrer großen Bedeutung für die Kinokultur nur schwach bis nicht gefördert. (Foto: Jürgen Rösner).

Für die AG FILMFESTIVAL ist es ein erschreckendes Zeichen, dass die Berlinale aufgrund von finanziellen Engpässen zu deutlichen Programmeinschränkungen gezwungen ist, und fordert erneut die Anerkennung von Filmfestivals als essentieller Teil der Filmwirtschaft in

Deutschland durch die Beauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth.

 

Der Filmfestivalverbund befürchtet einen förderpolitischen Abwärtstrend, der Filmfestivals von der Berlinale über die Republik bis in die ländlichen Räume zusätzlich negativ herausfordert. Filmfestivals müssen aufgrund ihrer filmwirtschaftlichen und -kulturellen Schlüsselposition heutzutage sowohl in länder- wie bundespolitischer Absicht gefördert werden, so der Zusammenschluss von 120 Filmfestivals in Deutschland. Zum wiederholten Male weist die AG darauf hin, dass der Koalitionsvertrag der

Ampel-Regierung ausdrücklich festgeschrieben hat, die Filmfestivals "verlässlich zu fördern", die BKM aber bisher diesem Versprechen auch im Zuge der Novellierung des Filmfördergesetzes nicht nachkommt.

BKM kommt ihrem Versprechen nicht nach

Die AG FILMFESTIVAL weist erneut darauf hin, dass Filmfestivals in den letzten 20 Jahren zu einem wesentlichen Faktor in der Wahrnehmungsökonomie und somit festem Bestandteil der Verwertungskette von Filmen geworden sind. Sie sind somit ein Teil der deutschen Filmwirtschaft im Sinne des Filmförderungsgesetztes (FFG). Der Verbund unterstreicht, dass

Filmfestivals nachweislich neben ihrer kulturellen Qualität auch in ihrer gesellschaftlichen Funktion eine noch weitaus größere Anerkennung erlangen müssen. Denn sie ermöglichen als erste, oft einzige Institutionen die Sichtbarkeit von wichtiger nationaler und internationaler Filmkultur, die in den gewerblichen Kinos immer weniger vorkommt. Sie arbeiten wirksam und erfolgreich gegen eine Normierung der Angebote durch Mainstream und Blockbuster. Somit tragen sie wesentlich dazu bei, dass Film überhaupt als gesellschaftsrelevantes, wertorientiertes, damit auch Demokratie-stärkendes

Kulturangebot wahrgenommen wird. Wie kein anderes Kinoerlebnis ermöglichen sie zudem Diskurs und Beteiligung, unterstützen also neben dem Angebot auch die Nachfrage, gerade bei jüngerem Publikum – auch im Hinblick auf die kulturelle Filmbildung, die Filmfestivals übernehmen.

 

Demgegenüber ist die aktuelle Situation aller deutschen Filmfestivals, unabhängig von ihrer Größe, dramatisch: Seit Ende der Pandemie sind Kostensteigerungen von im Durchschnitt 30-50% unvermeidlich. Dazu zählen u. a. höheren Mieten von Veranstaltungsorten und Kinos, Steigerungen bei den Energiepreisen sowie beim Mindestlohn. Hinzu kommt ein dramatischer Fachkräftemangel, der tendenziell zusätzliche Belastungen bei Lohn und Honoraren auslöst. Bei bestenfalls unveränderten, sehr oft aber auch gekürzten Finanzierungsmitteln der öffentlichen Hand hat das trotz kontinuierlich

steigender Zuschauer*innenzahlen erhebliche qualitätsreduzierende, bis zu existenzbedrohende Konsequenzen für die Filmfestivals. Ein Ausweichen auf Sponsoring, wie es von Teilen der Politik zur Entlastung der öffentlichen Haushalte gefordert wird, kann nach Erfahrungen der AG FILMFESTIVAL, längst keine wirksame Alternative mehr sein. Schon vor der Pandemie haben sich relevante Unternehmen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage aus vielen Sponsoringbereichen zurückgezogen. Betrachtet man gerade Filmfestivals in den ländlichen Räumen, gibt es dort meist nicht einmal

ansprechbare Unternehmen.

 

Die Beauftragte für Kultur und Medien, Claudia Roth, hat breite Zustimmung zu ihrem Acht-Punkte-Programm erfahren („...zu viele Filme werden von zu wenig Menschen gesehen.“). Damit hat sie vor allem die vielen deutschen

Filmproduktionen im Blick, die überwiegend mit Fördermitteln von Bund und Ländern finanziert werden. Filmfestivals, die u.a. auf Basis ihres vielfältigen Angebots für ein breites Publikum deutscher Produktionen und internationalen

Arthausfilmen sorgen, bleiben in ihren Überlegungen unberücksichtigt. Vielmehr setzt die BKM nach Meinung der AG FILMFESTIVAL zusätzlich ein fatales Zeichen auch im internationalen Wettbewerb der Filmbranche. Durch ein

offensichtlich nicht ausreichenden für eine der größten und bedeutendsten Institutionen wie der Berlinale schwächt sie die deutsche Filmwirtschaft. Dies lässt darüber hinaus ein generell mangelndes Interesse der Politik für die Auswertungsform der Filmfestivals vermuten.

 

Die Filmfestivals werden von der Politik alleingelassen und fordern wiederholt eine proaktive und zwischen Bund, Ländern und Kommunen abgestimmte Verantwortlichkeit, wie das längst in anderen Kulturbereichen wie Theater, Oper und Museen der Fall ist. Die von der BKM angestoßene große Novellierung der deutschen Filmförderung sowie die darin angestrebte grundsätzliche Neuordnung sowohl der kulturellen als auch filmwirtschaftlichen Instrumente bietet jetzt die Chance eines effizienten Richtungswechsels hin zu einer transparenten, an den konkreten kulturellen und filmwirtschaftlichen Effekten

ausgerichteten Filmfestivalförderung über die Metropolen bis in die ländlichen Räume. Filmfestivals müssen als Teil der Filmwirtschaft im neuen Filmförderungsgesetz definiert werden. Ohne diesen wesentlichen Baustein wird das neue Gesetz – und damit eine intakte deutsche Filmlandschaft – nachhaltig geschwächt.

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