Die AG Filmfestival begrüßt den Willen der BKM zu einer großen Reform der Filmförderung in Deutschland, vermisst aber die Einbeziehung der Filmfestivals, obwohl dies im Koalitionsvertrag versprochen wurden. Anlässlich des DOK.fest München 2023 hat die AG Filmfestival seine rund 120 Mitgliederfestivals, darunter auch die INDEPENDENT DAYS|Internationale Filmfestspiele Karlsruhe und das dokKA - Dokumentarfestival Karlsruhe, zu einem Treffen eingeladen. Im Zentrum standen die acht Punkte der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Claudia Roth zur umfassenden Reformierung der Filmförderung in Deutschland, die von der Staatsministerin zur Eröffnung der diesjährigen Berlinale präsentiert wurden.
Schon seit ihrer Gründung im Jahr 2019 hat die AG Filmfestival statt den üblichen Novellierungen des Filmfördergesetzes eine grundlegende Reform der Filmfördersysteme in Deutschland gefordert. Deswegen begrüßt sie ausdrücklich, dass die BKM nun diesen umfassenden Weg einschlagen will, dabei auch für die Filmproduktion ausdrücklich die kulturelle Bedeutung bestimmter Filme als eigenständigen, von der Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeit befreiten Wert hervorhebt. “Um das große kreative Potenzial deutscher Filmemacherinnen und Filmemacher noch besser zu heben, um künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreiche Filme zu ermöglichen. (...) Ausdrücklich soll dabei nicht etwa die Kultur der Wirtschaftlichkeit untergeordnet werden. Ganz im Gegenteil. Filme, die neue Erzählformen und Perspektivenwechsel ermöglichen, die neue Mittel verwenden und künstlerisch besonders wertvoll sind, sind ein wichtiger kultureller Beitrag.” betont BKM Claudia Roth.
Filmfestivals ermöglichen erfolgreiche Präsentationen von Filmen im Kino
Die AG Filmfestival stellt fest: Noch nie wurden so viele Filme von so wenigen Menschen im Kino geschaut! Das sieht auch Claudia Roth so und hat dabei vor allem diejenigen Filme im Hinterkopf, die in ihrem Hause aus künstlerischen und kulturellen Gründen gefördert wurden. Ob sich nun mit ihrem Acht-Punkte-Programm hierbei etwas ändert, sieht die AG Filmfestival mehr als skeptisch. Zwar seien alle Ansätze für eine Reformierung der Filmproduktionsförderung richtig und wichtig. Dies träfe vor allem zu, wenn damit eine Bewusstmachung zwischen rein wirtschaftlichen Zielsetzungen auf der einen und kulturell qualitativen auf der anderen Seite sowie eine stärkere Fokussierung auf den Talentfilm zur gezielten und effizienten Nachwuchsförderung verbunden ist. Jedoch einzig der sechste von den acht Punkten setzt andeutungsweise einen kurzen Blick auf den Weg der Filmproduktion zum Publikum. Dieser kurze Ausblick ist der AG Filmfestival jedoch viel zu vage. Scheinbar wird, befindet die AG Filmfestival, unverändert auf tradierte Maßnahmen vertraut, die den kritisierten Fakt der nicht ausreichenden Wahrnehmung von Filmen beim Publikum schon bisher nicht verhinderten.
Eine der Hauptaufgaben von Filmfestivals sind laut AG Filmfestival die erfolgreichen Präsentationen von Filmen und die Vermittlung zum Publikum. Sie kümmerten sich dabei auch um die Filme, die in den gewerblichen Kinos mit unzureichenden Ergebnissen laufen, falls sie dort überhaupt zu sehen sind. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung hieß es noch “...Filmfestivals fördern wir verlässlich…”. Im Acht-Punkte-Programm erwähnt Claudia Roth die Filmfestivals nicht mit einer einzigen Silbe!
Darüber hinaus bleibt ein weiterer kulturell wichtiger Aspekt nach Ansicht der AG Filmfestival ebenfalls ohne Würdigung: Die acht Punkte der BKM fokussieren fast ausschließlich auf den deutschen Film. “Und schließlich braucht es eine Reform, die auch den Veränderungen in unserer Gesellschaft Rechnung trägt. Deshalb muss sie Schlüsselthemen wie die Realität der Diversität unserer Einwanderungsgesellschaft und Geschlechtergerechtigkeit in den Blick nehmen und das Thema Nachhaltigkeit viel stärker berücksichtigen.”, wie es Claudia Roth hervorhebt.
Reform der Filmförderung soll schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden
Dem stimmt die AG Filmfestival ausdrücklich zu, betont aber, dass dies immer mit dem Blick über die eigenen Grenzen, seien es nationale oder kulturelle, verbunden sein muss. “Die BKM ist in der ihr zugewiesenen kulturpolitischen Aufgabenstellung auch dafür verantwortlich, dass Programme zur werteorientierten gesellschaftlichen Entwicklung (Gerechtigkeit, Toleranz, Diversität, Pluralität, Demokratie, Nachhaltigkeit, etc.) auch immer international ausgerichtet sein müssen. Das bedeutet in der deutschen Film- und Kinokultur entsprechende Kuratierung und Präsenz relevanter Kinematografien aus der ganzen Welt zum Austausch und zur Vermittlung im Publikum. Tatsächlich fristen aber z.B. die Filme aus dem globalen Süden ähnlich wie zahlreiche deutsche Filme auf den Leinwänden der gewerblichen Kinos ein Schattendasein.”, stellt die AG Filmfestival fest.
Sie fügt hinzu, dass auch in diesem kulturpolitischen Kontext aktuell die Filmfestivals die wichtigsten Säulen für derartige Programme sind, nicht nur in der Präsentation, sondern auch in dem damit verbundenen Angebot zum Austausch und zum Diskurs mit dem Publikum. Nur mit diesem direkten Austausch, den Diskussionsangeboten und den damit verbundenen Vermittlungsmöglichkeiten könne der mit der Filmproduktion begonnene Kulturauftrag vollendet werden.
Dies alles sind laut AG Filmfestival weitere wichtige Argumente für die Notwendigkeit, Filmfestivals verlässlich zu fördern, wie es deswegen auch im Koalitionsvertrag festgelegt ist.
Entlang dieser Eckpunkte möchte nun Claudia Roth gemeinsam mit allen Vertreterinnen und Vertretern der Branche die umfassende Reform der Filmförderung voranbringen. Die AG Filmfestival fordert, dass sie hier mit einbezogen wird. Schon seit 2021 ist sie mit dem zuständigen Referat der BKM für eine Studie im Gespräch, die einerseits den Bestand der aktuell rund 450 Filmfestivals in Deutschland mit den unterschiedlichen Strukturen, Ausrichtungen, etc. erfassen soll. Neben diesen quantitativen Basisdaten soll mit dieser Studie aber auch eine Evaluierung qualitativer Einschätzungen und Handlungsoptionen erfolgen, um die kulturellen und gesellschaftlichen Möglichkeiten und Anforderungen zu konkretisieren. Deswegen gilt es für die AG Filmfestival, dass in den angestoßenen Überlegungen von Claudia Roth nicht nur die Filmfestivals wie im Koalitionsvertrag versprochen berücksichtigt werden, sondern auch diese Studie schnellstens auf den Weg gebracht wird.
Kommentar schreiben