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Was sind die besten Top100-Filme?

Menschen neigen immer wieder gerne dazu, sich selbst, Ereignisse oder Dinge miteinander vergleichen und Rankings erstellen zu wollen. Auch bei Filmen wird immer wieder gerne die Frage gestellt, welche die besten Filme aller Zeiten sind. Doch welche Kriterien können hier angelegt werden? Der Erfolg an der Kinokasse? Eher nicht, finden sich doch auch immer wieder nach qualitativen bzw. inhaltlichen Maßstäben keine besonders bemerkenswerten Filme an der Spitze der Charts.

So würden wir weder „Fack ju Göhte“ oder „Avengers: Endgame“ (beides wohlgemerkt keine schlechten Filme, aber aus verschiedenen Gründen auch keine überragenden Werke, die das Zeug dazu hätten, in einen Filmkanon einzufließen) in ein solches Top100-Ranking nehmen. Doch warum nicht? Ist der Mainstream-Geschmack nicht ein hervorragender Indikator? Wenn ein immenser Werbeapparat und ein entsprechendes Franchise hinter einer Filmproduktion steht, ist ein Publikumserfolg quasi schon fast garantiert. Und auch wenn der Unterhaltungswert stimmt, heißt dies noch längst nicht, dass es sich um einen überragenden Film handelt, der durch eine außergewöhnliche und starke Geschichte, durch ausgefallene und innovative Erzählmuster, den Einsatz bahnbrechender Technologien und natürlich (bei szenischen Produktionen) durch das hochkarätige Spiel der Schauspielerinnen und Schauspieler überzeugt.

Blockbuster ohne Top100-Qualitäten: "Avengers: Endgame"

Filmkritik, Wissenschaft oder Publikum – Wer hat recht?

Müssen wir also in die Richtung der Filmkritik schauen? Diese betrachtet Filme ja eher unabhängig von den ökonomischen Faktoren einer Produktion. Die Einordnung eines Films in das Oeuvre des Regisseurs oder der Regisseurin, die Bewertung inhaltlicher Faktoren und die gesellschaftliche Relevanz beherrschen hier die Klassifikationen von Filmen im Feuilleton. Hier ist immer wieder zu bemerken, dass Kritiker- und Publikumsmeinung immer wieder weit auseinander gehen, zumal beide Seiten durchaus für sich selbst sehr subjektive Maßstäbe ansetzen, warum ihnen ein Film gefällt, ein anderer wiederum nicht.

 

Auch die Wissenschaft versucht, entsprechende Klassifikationsversuche zu unternehmen. Die Liste TOP 100 Movies der Filmgeschichte wurde an der FH Münster veröffentlicht. Hier wurden diverse Quellen analysiert, darunter AFI, BFI, Cinema, Empire, Entertainment Weekly, Film Review, Focus, The Guiness Book of Films, Premiere, Rolling Stone, Sight and Sound, Time Magazine, Time Out, TV Guide Magazine, Video Detective, Village Voice und Die Zeit.

 

Hier finden sich in den Top 10:

  1. Citizen Kane (Orson Welles, USA 1941)
  2. Der Pate – The Godfather (Francis Ford Coppola , USA 1972)
  3. Casablanca (Michael Curtiz, USA 1942)
  4. 2001 - Odyssee im Weltraum (Stanley Kubrick, 1968)
  5. Taxi Driver (Martin Scorsese, USA,1976)
  6. Psycho (Alfred Hitchcock, USA 1960)
  7. Manche mögen’s heiß (Billy Wilder, USA 1959)
  8. Lawrence von Arabien (David Lean, Vereinigtes Königreich 1962)
  9. Singin‘ in the Rain (Gene Kelly / Stanley Dohen, USA 1952)
  10. Wie ein wilder Stier (Martin Scorsese, USA 1980)

Auffällig hierbei ist die starke Hollywood-Lastigkeit, die sich auch insgesamt an späterer Stelle des Rankings widerspiegelt. Doch damit ist dieses Ranking nicht alleine, wie im Vergleich zum Beispiel die Top 100-Giga-Liste oder von FOCUS – Die 100 besten Filme mit einer immens großen Schnittmenge zur obigen Liste der FH Münster. Bei diesen Listen scheint Hollywood trotz der bereits formulierten Blockbusterkritik handwerklich also durchaus zu überzeugen.

 

Ein echter Klassiker auf Platz 1: "Citizen Kane"

Durch´s Web geistern zahlreiche Rankings

Die Internet Movie Database hat basierend auf den Ratings seiner Nutzerinnen und Nutzer ebenfalls eine Top100 erstellt. Mit folgender Top 10:

  1. Die Verurteilten (Frank Darabont, USA 1994)
  2. Der Pate (Francis Ford Coppola, USA 1972)
  3. The Dark Knight (Christopher Nolan, USA 2008)
  4. Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (Peter Jackson, USA/Neuseeland 2003)
  5. Schindlers Liste (Steven Spielberg, USA 1993)
  6. Der Pate 2 (Francis Ford Coppola, USA 1974)
  7. Die zwölf Geschworenen (Sidney Lumet, USA 1957)
  8. Pulp Fiction (Quentin Tarantino, USA 1994)
  9. Inception (Christopher Nolan, USA 2010)
  10. Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (Peter Jackson, USA/Neuseeland 2002)

Besonders stechen hier zwei Regisseure hervor: Francis Ford Coppola mit seinem Epos "Der Pate" und Peter Jackson, der mit seiner "Der Herr der Ringe"-Trilogie Film- und Oscar-Geschichte geschrieben hat. Bemerkenswert ist hier aber insbesondere die Literatur-Verfilmung einer Kurzgeschichte des Horrorbuch-Autors Stephen King, die es an Platz 1 geschafft hat: "Die Verurteilten", ein Drama, bei welchem ein Bankier ins Gefängnis kommt, um eine lebenslange Haftstrafe abzusitzen, weil er beschuldigt wurde, seine Frau ermordet zu haben, obwohl er unschuldig war. Ein beklemmender Film, der insbesondere durch das Spiel seiner beiden Protagonisten Tim Robbins und Morgan Freeman überzeugt.

Ein Gefängnisdrama überzeugt die iMDb-User

Doch wo sind die nicht-englischsprachigen Filmproduktionen außerhalb der Traumfabrik Hollywood zu finden? Es gibt doch so zahlreiche wunderbare Filmregisseurinnen und Regisseure weltweit, welche echte Filmklassiker geschaffen haben. Wo stehen die Filme von Akira Kurosawa, von Jean-Luc Godard,  Bernardo Bertolucci, Ingmar Bergman, Andrei Tarkovsky oder von einem der international vielbeachteten Talente aus jüngerer Zeit, der deutschen Filmemacherin Maren Ade? Sie alle haben sich gleichermaßen verdient gemacht um das große Kino, vielleicht mehr noch durch subversivere cineastische Experimente, bemerkenswerte Erweiterungen der Filmsprache und gewagte Exkursionen in neue Filmwelten. Mehr, als dies eben in Hollywood möglich wäre, wo Filmproduktionen wie bereits bemerkt auch verstärkt dem Zwang des Geldes unterworfen ist.

 

So zeigt eine Leserbefragung von Cinema zu den besten Filmen aller Zeiten, welche Filme das deutsche Kinopublikum bei dieser Frage nennt. So findet sich bereits auf Platz 100 der Film "Climax" (Gaspard Noés, Frankreich 2018), ein Film über eine Gruppe von 21 Tänzerinnen und Tänzer, die eine anspruchsvolle Choreographie einstudieren. Auch wenn sich weiterhin auch hier viele Hollywood-Klassiker in dem Ranking finden, so sticht diese Liste durch Titel wie "Pans Labyrinth" (Guillermo del Torro, England, Mexiko, USA 2006) auf Platz 3, "Ziemlich beste Freunde" (Olivier Nakache und Éric Toledano, Frankreich 2011) auf Platz 41 oder "Das Boot" (Wolfgang Petersen, Deutschland 1981) auf Platz 59 hervor.

Das British Film Institute und das Magazin "Sight and Sound" geben seit 1952 alle zehn Jahre eine Liste der Besten Filme aller Zeiten heraus. Hier hat es im Jahr 2022 erstmals der Film einer Frau auf Platz 1 geschafft. Und auch insgesamt sind hier die Top10 deutlich internationaler aufgestellt, als dies bei anderen der Fall ist:
  1. Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles (Chantal Akerman, Belgien/Frankreich 1975)
  2. Vertigo – Aus dem Reich der Toten (Alfred Hitchcock, USA 1958)
  3. Citizen Kane (Orson Welles, USA 1941)
  4. Die Reise nach Tokyo (Yasujiro Ozu, Japan 1953)
  5. In the Mood for Love (Wong Kar-wei, Hongkong, Frankreich, Thailand 2001)
  6. 2001: Odyssee im Weltraum (Stanley Kubrick, USA 1968)
  7. Der Fremdenlegionär (Claire Denis, Frankreich 1998)
  8. Mulholland Drive – Straße der Finsternis (David Lynch, USA 2001)
  9. Der Mann mit der Kamera (Dsiga Wertov, Russland 1929)
  10. Du sollst mein Glücksstern sein (Stanley Donen und Gene Kelly, USA 1951)

Die besten Filme aller Zeiten sind zeitlos

Für das Cinema-Magazin sind die besten Filme Meister im Erzählen: "Bildsprache, Musik, Stimmung, Schnitt und Licht gehen eine stimmige Symbiose ein, die solch eine erzählerische Kraft entwickelt, die einen tief in den Bann zieht." Und die besten Filme sind zeitlos, sprechen also auch das künftige Publikum gleichermaßen an. Dennoch muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass solche Top100-Listen auch immer nur Zeugen ihrer Zeit sind und daher in regelmäßigen Abständen auf den Prüfstein gestellt werden müssen.

 

Das Buch Die 100 besten Filme aller Zeiten von Frank Schnelle und Andreas Thiemann ist derzeit ein besonders guter Anhaltspunkt. Die Autoren haben sämtliche Bestenlisten und Umfragen der letzten zehn Jahre erfasst, nach ihrer Relevanz gewichtet, statistisch ausgewertet und zur "Liste aller Listen" kombiniert. Als Quellen dienten nationale und internationale Zeitschriften und Fachmagazine, TV-Sender und Tageszeitungen, Filminstitute und Websites. Rund 1.700 Filme fanden Eingang in die Datenbank.

 

Insgesamt muss bei all diesen fundierten und kompliziert ausgearbeiteten Listen festgestellt werden, dass sie in weiten Teilen dennoch nur Tendenzen abbilden können, zu einzigartig, zu unterschiedlich sind die verschiedenen Filmwerke doch voneinander und so viele künftige Filmwerke warten darauf, für weitere Rankings entdeckt zu werden und so bisherige Klassiker zu verdrängen. Dennoch helfen solche Listen ungemein, gerade unerfahreneren Filmliebhabern zu vermitteln, welche Filme sie auf jeden Fall auf ihre Watchlist setzen sollten, so sie diese tatsächlich noch nicht kennen sollten.

 

Autor: Dr. Oliver Langewitz
Autor: Dr. Oliver Langewitz (Foto: Bernd Hentschel)

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