Wo in der Welt wird hochkarätige Medienkunst produziert und ausgestellt? Da fallen dem gewogenen Kunstkenner sicherlich sofort Standorte wie Austin, Toronto, Lyon oder Linz ein. Aber auch Karlsruhe wird hier sicherlich ein Name sein, der immer wieder genannt werden dürfte. Doch trennt die badische Metropole zu den obig genannten Städten noch ein wichtiges Prädikat: UNESCO Creative City of Media Arts. Diese Trennung wird voraussichtlich nicht mehr allzu lange andauern, denn hat sich Karlsruhe bereits am 25. Juni fristgerecht eine Bewerbung um eine Aufnahme in das weltweite UNESCO Creative Cities Network (UCCN) in der Kategorie Medienkunst beworben.
Dieses Netzwerk dient der weltweiten Vernetzung von Städten, die ihr kreatives Potenzial als strategischen Faktor der Stadtentwicklung nutzen wollen. Das UCCN verbindet so aktuell 180 Städte aus 72 Ländern in sieben verschiedenen Kreativfeldern, darunter 14 Medienkunst-Städte, die Erfahrungen, Ideen und Best Practices austauschen und Kooperationen eingehen wollen. Deutschland sind bisher Heidelberg im Bereich Literatur, Mannheim im Bereich Musik oder Berlin im Bereich Bildende Kunst vertreten, zudem bewirbt sich derzeit Potsdam in der Kategorie Film.
Karlsruhe erscheint für die Medienkunst geradezu prädestiniert, in diesem Netzwerk als Kompetenzpartner mitzuwirken und hier einen außergewöhnlichen Beitrag zu leisten, denn bewegt sich Medienkunst hier an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Technologie und Recht. So erklärte Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup bei der heutigen Pressekonferenz anlässlich der Bewerbung, dass Karlsruhe hier auch als "Mekka der Medienkunst" und "Wiege der modernen Medienkommunikation" bezeichnet werde.
Bewerbung als Teil der städtischen Internationalisierungsstrategie
Bedenkt man, dass Heinrich Hertz hier die elektromagnetischen Wellen, die Grundlage für moderne Kommunikationen entdeckte, die erste Informatikfakultät entstand und die erste E-Mail empfangen wurde, oder dass mit dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medien 1989 eine der international bedeutsamsten Institutionen für Medienkunst gegründet wurde, so wird schnell deutlich, wie gut und breit Karlsruhe für die Fortschreibung medienkünstlerischer Erzeugnisse und deren öffentliche Ausstellung bereits aus historischer Perspekte aufgestellt ist.
Doch hat sich Karlsruhe hier niemals auf früheren Erfolgen ausgeruht, sondern mit Großprojekten wie dem Kreativpark Alter Schlachthof, der europaweit an zweiter Stelle gleichgearteter Kreativwirtschaftsprojekte steht, oder den Schlosslichtspielen, die bislang 1,4 Millionen Zuschauer anzogen und auch in diesem Jahr vom 8. August bis zum 15. September die Massen vor das Karlsruher Schloss ziehen werden oder schließlich noch die vielen weiteren Akteuren, die sich in irgendeiner Weise mit Medienkunst beschäftigen und diese inhaltlich und technologisch hier immer weiter entwickeln.
Mentrup versteht die Bewerbung hierbei als Teil der städtischen Internationalisierungsstragie und rechnet mit bundesweiter und internationaler Aufmerksamkeit für Karlsruhe und positiven Auswirkungen auf Kultur und Wirtschaft, Stadtimage und Tourismus. Der Beitritt zum UNESCO Creative Cities Network würde Karlsruhe und Akteuren in der Stadt die Chance eröffnen, neue Kontakte zu knüpfen, neue Impulse zu setzen und neue Verbindungen mit Organisationen und Kunstschaffenden in den Creative Cities auf allen Kontinenten zu schaffen: "Ich sehe in dieser Bewerbung auch eine Möglichkeit, einen wichtigen Schritt für unsere Stadt in eine zunehmend digitalisierte und globale Zukunft zu tun. Mit dieser Bewerbung können wir ein Stück weit die Geschichte der Zukunft unserer Stadt jetzt schon schreiben!"
Karlsruhe soll Digitally Connected City of Media Arts werden
"Wir möchten das Zeitalter der Digitalisierung unter Einbindung aller wichtigen Akteuere der Kultur, Kreativ- und IT-Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft im Sinne einer Digitally Connected City of Media Arts gestalten", so Kulturamtsleiterin Dr. Susanne Asche mit Blick auf den Aktionsplan der Bewerbung.
Die Bewerbung wird von einem umfassenden Programm begleitet. Zum Beispiel wird heute Abend im ZKM Teil II von "Writing the History of the Future" eröffnet, die die weltweit einzigartige Medienkunstsammlung des ZKM anlässlich des 30-jährigen Bestehens der ZKM-Stiftung eröffnet wird. "Ein Museum spiegelt nicht die Macht des Marktes wider, vielmehr ist die Museum eine Art Arche Noah, ohne das wichtige Kunstwerke nicht erhalten werden und verschwinden würden", stellt ZKM-Chef Professor Peter Weibel fest.
Der gesamte Aktionsplan, der auch zahlreiche Medienkunst-Installationen in der Karlsruher City beim neuen Medienkunstfestival "Seasons of Media Arts" beinhaltet, wurde im Zuge eines über einjährigen Bewerbungsprozesses unter Federführung des Kulturamts zusammen mit den für die Bewerbung eingerichteten Gremien in Form eines Executive und eines Adivsory Boards entwickelt. Insgesamt waren dabei rund 40 Karlsruher Institutionen aus Kultur, Kreativwirtschaft, Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, der digitalen Open-Source-Szene sowie städtischen Gesellschaften und Dienststellen beteiligt, darunter auch das Filmboard Karlsruhe und die INDEPENDENT DAYS|Internationale Filmfestspiele Karlsruhe.
Als Teil der Bewerbung wurde eigens eine Webseite kreiert, welche die vielfältigen Stärken Karlsruhes im Bereich Medienkunst aufzeigt und einen wichtigen Beitrag leisten soll, die Jury zu überzeugen. Zwar ist die erste Hürde schon einmal genommen, hat die UNESCO bereits gestern der Stadt bestätigt, dass alle formalen Kriterien erfüllt seien, bis Ende November 2019 wird dann mit einer Entscheidung gerechnet. Es heißt also, fest die Daumen drücken aber angesichts der Karlsruher Expertise scheinen die Chancen ausgezeichnet zu stehen!