Unabhängige Low Budget-Filmemacher haben es einfacher, wenn es ums grüne, also nachhaltige Filmemachen geht. Das war eine zentrale Erkenntnis der Green Consultant-Ausbildung in Karlsruhe, die von der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg und dem Filmboard Karlsruhe vom 13. bis 16. November 2018 stattfand. So konnten wir feststellen, dass bei vielen unserer eigenen Film-Produktionen einige wesentliche Maßnahmen sowieso schon umgesetzt wurden und werden. Größere Betriebe, Studios und Fernsehsender mit komplexen, über die Jahrzehnte gewachsenen Strukturen, müssen hier oftmals erst einmal umdenken. Wobei es auch hier bereits hervorstechende Beispiele gibt, wie Produzieren mit grünem Daumen möglich ist. Und spätestens nach dem Seminar gab es wohl keinen Teilnehmer und keine Teilnehmerin, die nicht überzeugt davon war, wie einfach und oftmals sogar günstiger, wenigstens kostengleich, grüne Maßnahmen am Set sind, wenn man nur will.
Ein Bericht von Oliver Langewitz
Das Interesse an der Green Consultant-Ausbildung war letztlich so groß, dass der Platz des Seminarraums im Filmhaus Karlsruhe nicht ausreichte und die 3,5-tägige Veranstaltung in eine größere Räumlichkeit umziehen musste. Hier fand das Filmboard Karlsruhe in der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe einen Verbündeten und so fand das Seminar unter Leitung des Green Shooting-Experten Philip Gassmann in einem der Unterrichtsräume in der HfG statt. Die kreative, künstlerische Atmosphäre der renommierten Hochschule steckte an und schnell waren alle Seminaristen im Lernmodus angekommen, sodass der enggepackte Stoff effizient durchgepauckt werden konnte.
Denn Philip Gassmann hatte hier einiges im Gepäck, nicht nur in Form seines umfassenden Unterrichtstoffes, sondern auch viel Anschauungsmaterial in Form von neuen Leuchtensystemen, energiesparenden Küchenutensilien fürs Catering bis hin zu umweltfreundlichen Büromaterialien. So wurde unser Einkaufszettel über die Tage immer länger und länger, denn insbesondere im Technikbereich gibt es hier zahlreiche Innovationen, die nicht nur CO2-arm sind, sondern intelligent und ausgeklügelt das Arbeitsleben bereichern.
Winnetou und das Tal der Tränen
Der erste Tag war dem "Tal der Tränen" vorbehalten, wie Gassmann immer wieder betonte in seinem Abriss über die menschenverschuldete Klimasituation unseres Planeten. In gerade einmal 200 Jahren ist es uns gelungen, viele Ressourcen zu plündern, im Zeichen des Fortschritts, des Kapitalismus und der Industrialisierung Raubbau zu betreiben mit der Erde, ohne an die künftigen Generationen zu denken. Dank mächtiger Lobbyverbände und bar besseren Wissens tun viele Länder nichts oder nur wenig, um die Situation zu verändern. Manch einer leugnet die Situation trotz der zahlreichen vorliegenden Zahlen, Daten und Fakten, die nicht wegzuleugnen sind.
"Tja, uns was kann da denn der oder die Einzelne tun?", werden sich viele Fragen und die Antwort ist simpel: viel mehr, als man denkt. Setzt man sich seriös mit dem Thema auseinander, wird man feststellen, dass viele unserer Handlungen, viele unserer Konsumentscheidungen und viele unserer Einstellungen gesellschaftlich gemauert wurden, dass es aber auch relativ einfach ist, hier selbst Änderungen vorzunehmen. Die Moralkeule auszupacken und mit dem erhobenen Zeigefinger herumzuschreiten und andere Menschen zu ermahnen, ist nicht der beste Weg, das sieht man zum Beispiel schon an der vermeintlichen Front zwischen Veganern und Karnivoren, oder zwischen Automobil- und Fahrradfahrern.
So gab es auch im Green Consultant-Seminar so manchen Zweifler, ob und warum eine grüne Maßnahme umgesetzt werden sollte. Doch soviel vorweg: am Ende der Woche waren sich alle einig, dass vieles möglich und eigentlich gar nichts so richtig dumm wäre, als dieses nicht in die Tat umzusetzen. Eben bei jenen funktionierte die mentale Verwandlung durch die Visualisierung. "Ich stelle immer wieder fest, wie wichtig es ist, Menschen erst einmal etwas zu zeigen, sie etwas selbst ausprobieren zu lassen. Dann werden sie selbst die Entscheidung treffen, ob sie etwas für sinnvoll erachten oder nicht", betont Gassmann. So gibt es schließlich viele Beispiele, wie zwanghaft verordnete Maßnahmen nach hinten losgingen. Ein Paradebeispiel ist hier zum Beispiel der Veggie-Day, der eigentlich nirgendwo so richtig funktionierte und die Fronten verhärtete. Dabei gibt es so viele leckere Alternativen zu Fleischgerichten und wenn man im Vorfeld alle Schauspieler und Crewmitglieder informiert, werden sie hier viel eher mitmachen.
Mit der Bahn nach Lummerland
Ein hervorragendes Tool, im die entstehenden CO2-Emissionen bei einer Filmproduktion zu berechnen, stellt der CO2-Rechner für Film- und TV-Produktionen dar. Schnell ersichtlich wird bei vielen Produktionen, die als Beispiele zum Seminar mitgebracht wurden, dass am meisten CO2-Emissionen im Bereich Reisen und Transporte sowie Hotelerie anfallen. Gerade bei großen Produktionen müssen bis zu 100 Menschen oder mehr befördert werden. Und es sind insbesondere die Stars, die eingeflogen werden, ein echtes Umweltproblem. Mittlerweile werden zum Beispiel beim SWR die Berliner Schauspieler ermutigt, mit der Bahn zu fahren und hier wird ihnen eine vergünstigte Bahncard zur Verfügung gestellt. Teilweise ist es aber dennoch notwendig, gerade bekanntere Schauspieler im Vorfeld von den Green Shooting-Bedingungen der Produktion frühzeitig einzubinden und zu überzeugen.
Green Shooting-Kompetenz: gibt´s nun auch in Karlsruhe!
Am Ende der Green Shooting-Ausbildung gab es nicht nur Mitarbeiter von SKY Deutschland, dem SWR Fernsehen oder freien Produzenten aus Stuttgart, Bad Homburg, Baden-Baden oder Freiburg, die ein Zertifikat in den Händen hielten: gleich drei Filmboardler aus Karlsruhe, Nadine Knobloch, Dagmar Ohnemus und ich, haben sich zum Green Shooting-Consultant qualifiziert und können nun Firmen und Filmproduktionen zu diesem vielfältigen Thema beraten. Da viele Filmförderungen wie die MFG Baden-Württemberg Green Shooting-Maßnahmen anerkennen und fördern, lohnt sich die Hinzuziehung eines Green Consultants.